Wie alles begann

Dies ist ein Auszug aus dem autobiographischen Buch „Un mismo Cielo / Unser gemeinsamer Himmel” von Veronica Schallnau, der Gründerin. Sie vermittelt einen Eindruck über die bemerkenswerte Entstehungsgeschichte von El mundo de los niños in Berlin. Der hier widergegebene Text wurde für dieses Format etwas bearbeitet.

Alles begann in einer Wohnung

Es war im Jahr 2002, noch während ich die deutsche Sprache erlernte wusste ich, dass ich in Berlin mit Kindern arbeiten werde. Ich wollte Kinder während ihren ersten Lebensjahren entsprechend meinen Vorstellungen und Erfahrungen begleiten und sie in ihrer Entwicklung unterstützen. Was war zu bedenken und was brauchte der Ort, an dem ich beginnen würde?
Ein Ort, an dem die Kinder den Respekt vor sich selbst erlernen und auch vor den Kindern, die ganz anders sind, als sie selbst. Ein Ort, an dem die Kinder den Wert anderer Lebensgewohnheiten und Lebensformen schätzen lernen. Einen Ort, der es ihnen erlauben würde, an sich selbst und an ihre Träume zu glauben, an dem sie Zärtlichkeit und menschliche Wärme erfahren können.
Schnell wurde mir klar, dass als äußerer Rahmen für die Kinderbetreuung, ein Verein sehr hilfreich sein würde. Der erste Ort, an dem mein Wunsch und meine Vision zur Wirklichkeit wurden, war meine eigene Wohnung. Dort empfing ich Kinder im Alter ab einem Jahr und betreute sie zusammen mit meinen eigenen Kindern und ich etablierte einen ersten, vollkommen bilingualen Tag pro Woche. „Nebenbei“ absolvierte ich nach und nach alle notwendigen Kurse und anschließend folgte die Erzieherausbildung.

Ein Bordell, das sich in einen Kindergarten verwandelt

2007 gab es ein erstes Gespräch mit einem sehr freundlichen Mitarbeiter vom Berliner Senat, der für Fragen zur Gründung von Kindergärten im Bezirk Mitte verantwortlich war.
Mit viel Geduld erklärte er mir jeden Schritt, der zu gehen war. Er sagte mir, dass ich einen eingetragenen Verein gründen, sowie ein pädagogisches Konzept erarbeiten müsste. Wenn ich Räume hätte, sollte ich ihn anrufen, um herauszufinden, ob es auch wirklich die richtigen wären. Dafür gab er mir alles Notwendige in die Hand, das ich brauchte. Ich ging dankbar und reich an Informationen.
brunnenstr. 30 berlin renovierung
Danach gründete ich den Verein, der als gemeinnützig anerkannt wurde. Die Suche nach den richtigen Räumen zog sich über Monate hin. Nichts von dem, was ich gesehen hatte, entsprach meinen Vorstellungen. Eines Tages sah ich eine Anzeige. in der stand, dass eine Sauna zu vermieten sei. Sie befand sich auf zwei Stockwerken. Ein eigener Garten gehörte auch dazu. Als ich die Hausverwaltung anrief, waren die Räume gerade vermietet worden. Nach einer Woche erhielt ich einen Anruf von der Verwaltung des besagten Hauses. Sie fragten mich, ob ich noch Interesse hätte. Der Mieter sei abgesprungen. Sofort vereinbarte ich einen Termin für den folgenden Tag: Brunnenstraße 30, Ecke Anklamer.
An der Außenwand sah ich eine Malerei, die eine Krankenschwester in sinnlicher Bekleidung darstellte. Danach ging ich durch das Tor, das in den Hof führte. Dort befand sich ein kleines Haus mit zwei Stockwerken.
Als ich dieses kleine Gebäude sah, hatte ich keine Zweifel mehr, dass dies genau das war, wonach ich gesucht hatte. Eines war dann doch überraschend für mich. Denn nachdem ich in das Gebäude hineingegangen war, kam ich zu dem Schluss, dass dies keine Sauna, sondern ein Bordell war. Alle Möbel waren intakt, so als wenn das Geschäft noch in vollem Betrieb wäre. Mir wurde erklärt, dass der Betreiber die Miete nicht mehr zahlte und ihm daher gekündigt wurde. 
Die Vorstellung, aus diesen Räumen ein Kindergarten werden zu lassen gefiel mir ausgesprochen gut, jedoch würden wir absolut alles verändern müssen. Das war eine sehr große Herausforderung.

Unerwartete Hilfen

Mit dem Beauftragten des Senats besichtigten wir wenige Tage später diese Räume. Er bemerkte sofort, welche Herausforderung es darstellen würde, alles umzubauen, aber er hatte die Vision, die ich auch verfolgte. Zum Abschied, sagte er mir: „Sie schaffen das und ich wünsche Ihnen alles Gute. Rufen sie mich bei Bedarf jederzeit an.“
Das Bauamt bot Hilfe an, um die Gebäude, die in der Sanierungszone Mitte lagen, zu rekonstruieren. Es war ja ein Haus, das vorher „in einem anderen Land stand“. Der Staat half uns nur mit 40% der Investition, und für den Rest musste ich selbst aufkommen. Damals verfügte ich nicht ansatzweise über das notwendige Geld, um dieses Projekt umsetzen zu können. Mein Wunsch war jedoch so stark, dass ich ganz sicher wusste, dass ich ihn würde verwirklichen können.
Ich war selbständig und deshalb wollte mir keine Bank einen Kredit geben. Ich versuchte es weiter. Einmal war ich mit der Mitarbeiterin einer regionalen Bank verabredet. Das Gespräch werde ich wohl nie vergessen.  Sie war begeistert von dem Konzept einer bilingualen Kindertagesstätte und bot mir einen privaten Kredit an. Sie erklärte, begleitete und unterstützte mich bis zu dem Tag, an dem sie in Rente ging. Doch das war noch nicht alles, sie hinterließ ihren Platz einer Nachfolgerin, die mich weiterhin unterstützte. Mit diesem Kredit und den kleinen Darlehen von Freunden und Angehörigen machten wir aus diesem Traum eine Realität.
Etwas erscheint mir noch äußerst erwähnenswert, denn es hat mir sehr viel Kraft gegeben: die Unterstützung von meiner Familie und meinen Freunden! Sie war ebenfalls grundlegend für mich. Um Kosten zu sparen, führten wir den gesamten Abriss selbst durch. Es war eine schwere Arbeit, aber voller Abenteuergeist und Enthusiasmus.

Die Geburt unserer ersten Kita

Wir suchten uns einen Architekten, der uns über zehn Monate begleiteten würde, denn so lange würde der gesamte Umbau dauern. Wir hatten unzählige Zusammenkünfte, um die Renovierung und alle neuen Einrichtungspläne zu entwerfen. Wir suchten und fanden Baufirmen und setzen uns mit allen Senatsstellen in Verbindung. Schließlich erteilten sie uns alle entsprechenden Genehmigungen. Jedes Detail, jeder Farbton und jede noch so kleine Gestaltung war mit viel Liebe geplant. Während der gesamten Planungs- und Bauphase arbeitete ich weiter in der Kinderbetreuung und gleichzeitig führte ich meine Ausbildung fort.
Natürlich gab es auch sehr schwierige Momente. Die Arbeiten stockten, und das machte uns Sorgen, weil wir bereits Verträge mit Eltern hatten, die auf die Plätze für ihre Kinder warteten. Wir hatten auch damit zu kämpfen, dass sich unsere wirtschaftlichen Reserven dem Ende zuneigten, und wir lebten in der Unsicherheit, ob wir die nächsten Rechnungen würden bezahlen können.
Doch der so lang ersehnte Tag kam. All die vielen Anstrengungen hatten sich gelohnt! Wir hatten das Bordell in einen wunderschönen Kindergarten verwandelt, der sich mit Leben füllte. Hier können nun Kinder überall spielen und herumlaufen. Unsere Partner aus dem Senat beglückwünschten uns und freuten sich über dieses Wunder. „Ich wusste, dass Sie es erreichen würden, weil Sie entschlossen waren, und als ich merkte, dass der Ort Sie nicht abstieß, hatte ich keine Zweifel mehr“, sagte mir der Beauftragte des Senats.
Bereits ein Monat danach boten mir unsere Vermieter zusätzlich das Lokal im Vorderhaus an, das auf die Straße hinausging und auch ein Bordell gewesen war. Acht Monate, nachdem wir den Vertrag unterschrieben hatten und nach harter Arbeit, gründeten wir dort die erste Babygruppe...
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